Unseren Ackertalk zum Thema Insektensterben haben Lukas Kaupenjohann und Anna-Lena Hendel zum Anlass genommen den Weltacker mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und nach Nützlingen und Schädlingen zu suchen. Dabei sind sie nicht nur auf Insekten sondern auch auf deutlich größere Tiere gestoßen.
Insekten
Doch fangen wir bei den Insekten an. Schon am Eingang des Weltackers waren die Großen Kohlweißlinge ( Pieris brassicae ) zu erkennen. Sie flatterten in den angepflanzten Blühstreifen des Gartens umher. Bei den Schmetterlingen handelt es sich um Schädling und Nützling zugleich. Einerseits fressen ihre Raupen die Blätter verschiedener Kohlarten, andererseits bestäuben die adulten Tiere unterschiedliche Pflanzenarten während sie aus ihren Blüten Nektar saugen.
Abb. 1: Westliche Honigbiene beim Pollensammeln
Die westliche Honigbiene ( Apis mellifera) konnten wir ebenfalls in den Blühstreifen beobachten. Als wichtigster Bestäuber ist sie aus der Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken und versorgt uns nebenbei mit ihrem köstlichen Honig. Dafür wird sie von
Imkern in hoher Zahl gehalten. Seit einiger Zeit verlieren Imker jedoch vieler ihrer Bienenvölker. Parasiten wie die Varroamilbe setzen der Honigbiene stark zu und verbreiten zudem einen Virus, an den die Biene nicht angepasst ist. Zusätzlich wird durch die Anpflanzung von Monokulturen und die Verwendung von Pestiziden die Vielfalt des Nahrungsangebots stark verringert. Die in Deutschland zugelassenen Insektizide sind zwar nicht direkt tödlich, schwächen jedoch das Immunsystem der Tiere. In Zukunft wird auch der Klimawandel unseren fleißigen Helfern zusetzen, da sich die Tiere an neue Umweltbedingungen anpassen müssen. Wahrscheinlich ist die Kombination all dieser Ursachen für das Bienensterben verantwortlich. Interessanterweise, steigt die Anzahl an gehaltenen Bienenvölkern momentan noch an, trotz der hohen Verluste. Dies gelingt, da die Imker in der Lage sind, starke Bienenvölker zu teilen und so zu vermehren. Werden wir die Ursachen des Bienensterbens nicht bekämpfen, wird der Punkt absehbar, an dem die Vermehrung von Bienenvölkern den jährlichen Verlust nicht mehr kompensieren kann. Laut dem Bericht für Bestäuber, herausgegeben von dem Weltbiodiversitätsrat (IPBES), trifft das Insektensterben viel stärker die wil den Verwandten der Honigbiene. Die Rote Liste für Wildbienen belegt, dass von den 560 verschiedenen Wildbienenarten die in Deutschland vorkommen 41 % als gefährdet einzustufen sind (Westrich et al. 2011). Wildbienen gelten als Solitärinsekten, sie leben also allein statt im Volk, haben keinen Imker und eine fehlende Lobby. Doch nicht nur die Wildbienen sind betroffen. Hummeln, Schwebfliegen, Schmetterlinge und andere Insekten verschwinden und verschiedene Studien belegen, dass die gesamte Biomasse an Insekten um 80 % abgenommen hat (Sorg 2013; Schwenninger & Scheuchl 2016). Das sind alarmierende Zahlen, wenn man bedenkt, dass 80 % unserer Pflanzen auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen sind. Wildbienen haben wir bei unseren zwei Begehungen auf dem Weltacker nicht gefunden, dafür aber mehrere Ackerhummeln (Bombus pascuorum ) und verschieden Schwebfliegen.
Der Marienkäfer
Sie sind des Gärtners Freund und es ist weit bekannt, dass Marienkäfer Blattläuse fressen bis zu 3000 Blattläuse allein im Larvenstadium. Insgesamt gibt es alleine 70 unterschiedliche Marienkäferarten in Deutschland. Am bekanntesten ist der rote Siebenpunkt-Marienkäfer ( Coccinella septempunctata) . Bei der von uns gefundenen Art handelt es sich allerdings um einen orangen Marienkäfer mit insgesamt 19 Punkten, dem Asiatischen Marienkäfer ( Harmonia axyridis ). In Europa wurde er zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingeführt und ist heutzutage massenhaft verbreitet. Doch WissenschaftlerInnen befürchten, dass die Art die heimischen Marienkäfer verdrängt, da sie nicht nur Blattläuse fressen, sondern auch die Larven anderer Arten.
Nicht gefunden haben wir den Kartoffelkäfer ( Leptinotarsa decemlineata ), dessen Larven sich von Teilen der Kartoffelpflanze ernähren. Auf dem Weltacker ist er dieses Jahr immer wieder aufgetreten, doch wurden die Larven abgesammelt, um ein unkontrolliertes Ausbreiten zu verhindern und die Ernte zu sichern.
Im Boden
Im Boden haben wir ebenfalls nach Schädlingen und Nützlingen gesucht. Gefunden haben wir Ameisen, Regenwürmer und Tausendfüßler. In den Wurzelfenstern, die das Beobachten des Wurzelwachstums ermöglichen, haben wir Knöllchenbakterien gefunden. Die Knöllchen in denen die Bakterien leben, waren mit den Augen gut sichtbar und zwischen 3 und 4 mm groß. Die Bakterien sind in der Lage Stickstoff zu fixieren und stellen den Pflanzen so einen limitierten Nährstoff bereit.
Abb. 2: Sojawurzeln mit Knöllchen
Vögel auf dem Weltacker
Abb. 3: Männlicher Stieglitz in den Sonnenblumen
Eine besondere Freude war es, eine Schar Stieglitze (Carduelis carduelis) in den Sonnenblumen zu entdecken. Sie bedienten sich reichlich an den Sonnenblumenkernen. Stieglitze sind typischerweise in ländlich geprägten Gebieten zu finden. Doch die Intensivierung der Landwirtschaft sowie die Bebauung von Brachflächen rauben dem Vogel die Nahrungs-und Lebensgrundlage. Der Stieglitz wurde deshalb erst letztes Jahr zum Vogel des Jahres gewählt. Es ist schön zu sehen, dass es den Stieglitzen auf dem Weltacker so gut geht. Einen weiteren schönen Anblick boten uns tausende Stare (Sturnus vulgaris), welche über dem Weltacker große, sich schnell bewegende Wolken bildeten. Plötzlich begann es zu regnen und so flogen die Stare vor einem großen Regenbogen.
Abb. 4: Stare über dem Weltacker
Säugetiere im Garten
Der größte Schädling im Garten ist mit Abstand das Reh, es kommt regelmäßig in den Garten und hinterlässt vielerorts seine Spuren. Besonders schmeckt dem Reh der frische Mangold, welcher nun gut geschützt unter Netzen wächst. Nur wenige Meter vom Weltacker entfernt haben wir außerdem ein weiteres großes Säugetier gefunden, das zu der Familie der Kleinbären gehört- den Nordamerikanischen Waschbär (Procyon lotor) . Auch er ist wie der Asiatische Marienkäfer eine invasive Art. Er hatte es sich auf einem großen Birnbaum gemütlich gemacht und verspeiste genüsslich die Früchte. Kurz war er zwischen den Ästen
zu erkennen und wir haben uns riesig über das Foto gefreut.
Abb.5: Waschbär auf Futtersuche im Birnbaum
Quellen
Potts, S. G., Imperatriz-Fonseca, V. L., Ngo, H. T., Biesmeijer, J. C., Breeze, T. D., Dicks, L. V., … & Vanbergen, A. J. (2016). Summary for policymakers of the assessment report of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services on pollinators, pollination and food production.
Schwenninger, H. R., & Scheuchl, E. (2016). Rückgang von Wildbienen, mögliche Ursachen und Gegenmaßnahmen (Hymenoptera, Anthophila). Mitt. Ent. Ver. Stuttgart , 51 (1), 21-23.
Sorg, M. (2013). Ermittlung der Biomassen flugaktiver Insekten im Naturschutzgebiet Orbroicher Bruch mit Malaise Fallen in den Jahren 1989 und 2013. Mitteilungen aus dem Entomologischen Verein Krefeld , 1 , 1-5.
Westrich, P., Frommer, U., Mandery, K., Riemann, H., Ruhnke, H., Saure, C., & Voith, J. (2011). Rote Liste und Gesamtartenliste der Bienen (Hymenoptera, Apidae) Deutschlands.
Binot-Hafke, M.; Balzer, S.; Becker, N , 373-416.
Text: Anna-Lena Hendel
Fotos: Lukas Kaupenjohann und Anna-Lena Hendel
Kontakt: Email: anna-lena-hendel[at]gmx.de
Homepage: https://anna-lenahendelphotography.jimdo.com