Der fruchtbare Boden ernährt uns und sorgt dafür, dass wir atmen und sauberes Wasser trinken können. Er ist die Lebensgrundlage von Tieren und Pflanzen, ohne die auch wir nicht überleben können. Doch sein Wert wird gerne übersehen. Täglich wird Boden versiegelt, vergiftet und durch intensive Landwirtschaft ausgelaugt. Bereits jetzt ist etwa ein Drittel der weltweiten Böden mittelmäßig bis hoch degradiert. In Deutschland wird Boden zwanzigmal schneller zerstört als er nachwächst – wir verlieren also durch Erosion und Humusabbau ständig lebendigen, fruchtbaren Boden.
Aus diesem Grund hat die Zukunftsstiftung Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit der Kommission für Bodenschutz beim Umweltbundesamt (KBU), dem Bundesamt für Naturschutz, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Bundesverband Boden (BVB), der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft (DGB), dem Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz und dem WWF Deutschland einen Forderungskatalog an die Politik erarbeitet. Denn es braucht einen Wandel hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft und mehr Bewusstsein für den Wert und die Empfindlichkeit des lebendigen Bodens. Seine Erhaltung und Förderung muss immer vor kurzfristigen Ertragsleistungen und -steigerungen stehen!
Was der Boden alles leistet
Die Funktionen, die der Boden für unsere Ökosysteme und damit auch für uns Menschen erfüllt, sind sehr vielfältig: Er filtert unser Trinkwasser, schützt uns vor Hochwasser, stellt Nährstoffe bereit, lässt Pflanzen wachsen und stellt zudem einen Lebensraum für unzählige Organismen. Ein Teelöffel Boden enthält mehr Organismen als Menschen auf der Erde leben. Diese Organismen erfüllen wichtige Funktionen wie das Freisetzen von Nährstoffen, die Humusbildung und den Abbau von Schadstoffen. Deswegen ist ein diverserer Boden auch widerstandsfähiger gegen die Folgen der intensiven Landwirtschaft und des Klimawandels. Und die Biodiversität im Boden ist auch Bedingung für Biodiversität über der Grasnarbe. Das heißt, ohne Leben im Boden gibt es kein Leben über dem Boden – wir müssen also alles tun, um diese Biodiversität zu schützen; auch damit unsere Kinder und Enkelkinder leben können! Deswegen müssen die Kenntnisse und Berücksichtigung der Bedürfnisse des lebendigen Bodens Grundvoraussetzung einer nachhaltigen Landwirtschaft sein. In einem bereits 2018 erarbeiteten Thesenpapier heißt es deshalb auch: „Dies erfordert ein Bodenbild, das über eine Sichtweise des Bodens als „Rohstoff“ und „Dienstleister“ hinausgeht.“ Zudem ist der Boden auch ein wichtiger Helfer gegen den Klimawandel, denn Humus speichert Kohlenstoff und senkt damit die Kohlenstoffdioxidkonzentration in der Atmosphäre.
Leider bedrohen und zerstören wir Menschen die Bodenbiodiversität durch unser Handeln, insbesondere durch die intensive Landwirtschaft. Die Befahrung mit schweren Maschinen verdichtet den Untergrund und zerstört damit den Lebensraum kleiner Tiere. Vereinfachte Fruchtfolgen sorgen für schlechtere Lebensbedingungen vieler Organismen und eingesetzte Pestizide töten diese häufig. Zudem verlieren wir durch Versiegelung ständig lebendigen Boden. Ohne Bodenleben gibt es keine Zukunft für Mensch, Tier und Pflanze – wir müssen also schnellstmöglich unser Handeln ändern!
Kernforderungen an die Politik
Die Allianz hat zu diesem Zweck Forderungen an die Politik aufgestellt, mit denen die Vielfalt im und auf dem Boden erhalten und gefördert werden soll. Denn die Politik muss jetzt handeln, um unseren Kindern die Grundlage für eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft zu sichern.
Eine wichtige Forderung ist zunächst, Boden- und Naturschutzmaßnahmen in Land- und Forstwirtschaft besser als bisherig aufeinander abzustimmen und die unterschiedlichen Belange des Boden-, Gewässer- und Naturschutzes gegeneinander abzuwägen. Dabei muss die Bodenbiodiversität auf europäischer und nationaler Ebene duetlich in den Vordergrund treten. Die Netto-Bodenerhaltung muss erste Priorität im Landbau bekommen. Dafür soll eine standortangepasste Bodenbewirtschaftung, Fruchtfolgevielfalt, ganzjährige Bodenbedeckung, der Verzicht auf Pestizideinsatz und eine Zunahme von Ökolandbau erreicht werden. Grünlandumbruch soll verboten und die Rückumwandlung von Acker- in Dauergrünland an geeigneten Stellen gefördert werden. Ökologische Vorrangflächen sind zu erhalten und auszuweiten. Für die Umsetzung wird eine nationale und europäische Bodenschutzstrategie gefordert mit konkreten Zielsetzungen, Maßnahmen und Förderprogrammen.
Neben den direkten Maßnahmen des Bodenschutzes muss auch das Bewusstsein für den Wert des lebendigen Bodens gefördert bzw. geschaffen werden. Dafür müssen alle Akteure, nicht nur die Politik, ihren Beitrag leisten. Es braucht also Maßnahmen der Bildung, Kommunikation und Partizipation. Diese Maßnahmen dürfen nicht in die Zukunft aufgeschoben werden, sondern müssen schnell umgesetzt werden, denn der Schutz des Bodens und der Biodiversität hat höchste Dringlichkeit.
Mehr Informationen
Das komplette Forderungspapier ist unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/boden-biodiversitaet-forderungen-an-die-politik abrufbar und steht zum Download verfügbar!
Ein weiteres, umfassenderes und etwas poetischeres Manifest der auch beim UBA beteiligten NGOs und ist unter https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Boden-Naturschutz-Landwirtschaft-Kernthesen-Forderungen-200615.pdf abrufbar.