Die Baumwolle (Lat. Gossypium, Engl. cotton ) ist eine sehr alte Kulturpflanze, deren Ursprünge in subtropischen und tropischen Vegetationszonen zu finden sind. Baumwolle gehört zur Familie der Malvengewächse und verschiedene Arten wurden unabhängig voneinander schon vor mehreren tausend Jahren in Asien, Amerika und Afrika domestiziert. Der Name der Pflanze bezieht sich auf die längeren und kürzeren Haare der Früchte, die eigentlich zur Verbreitung der Samen mit Hilfe des Windes dienen (Anemochorie). Die längeren Haare werden als Lint und die kürzeren als Linter bezeichnet. Die Haare bestehen zum großen Teil aus Zellulose und sind von einem feinen Wachs überzogen. Dieses Wachs bildet somit einen natürlichen Witterungsschutz. Die langen Haare des Lint bilden die Grundlage der Baumwollfaser, die wiederum eine Grundlage der Textilproduktion darstellt.
Trotz des Namens wächst Baumwolle nicht auf Bäumen, sondern krautartig oder in Form von Sträuchern. Die Bezeichnung „Baum“ geht vermutlich auf Herodot von Halikarnassos zurück. Der Begriff Baumwolle ist im deutschsprachigen Raum seit dem 12. Jahrhundert gebräuchlich.
Woher kommt die Baumwolle ursprünglich?
Während die ersten Nachweise einer Domestizierung der Baumwollpflanzen in Indien aus der Zeit von ca. 7000 – 6000 v. Chr. stammen, wird Baumwolle in Südamerika seit 4200 v. Chr. und im heutigen arabischen Raum seit ca. 2000 v. Chr. domestiziert. Zur Gewinnung der Baumwollfasern für die Textilproduktion wurden schon in Indien einfache Spinn- und Entkörnungsmaschinen sowie Spinnräder verwendet. Durch die „Entdeckung“ des amerikanischen Kontinents und des Ostindienhandels entwickelte sich seit dem 15. Jahrhundert ein globaler Baumwollhandel. Mit dem Anbau indischer Baumwollarten in den nordamerikanischen Kolonien und später in den Südstaaten der USA, die mit dem grausamen, transatlantischen Sklavenhandel verbunden waren, stieg die weltweite Verfügbarkeit von Baumwolle an. Eine Folge war, dass Schafwolle, Leinen und Hanf als Textilienrohmaterial in Europa zunehmend verdrängt wurden. Somit entwickelte sich Baumwolle vom Luxusgut zu einem breiten Konsumgut. Mit der Erfindung von Spinnmaschinen am Ende des 18. Jahrhunderts verlagerten sich die textilen Produktionsstätten von Indien nach Europa, was die Grundlage der industriellen Revolution darstellte. Indien und andere südliche Anbaugebiete blieben somit bis zum verstärkten Einsetzen der Globalisierung im 20. und. 21. Jahr. hauptsächlich als Rohstofflieferant für die westlichen Märkte zurück.
Heute ersetzen chemische Fasern teilweise die Baumwollfasern in der Textilproduktion. Da Baumwollfasern aber sehr widerstandsfähig sind, dermatologisch zahlreiche Vorteile haben und auch mit chemischen Fasern zusammen verarbeitet werden können, ist die globale Nachfrage weiterhin sehr hoch. Nach Angaben der FAO werden jährlich etwa 23 Millionen Tonnen (stand 2010, nur Lint) Baumwolle produziert. Die größten Produzenten sind China, Indien und die USA. In Europa ist Griechenland Spitzenreiter der Baumwollproduktion, da die Türkei in diesem Fall zu Asien gezählt wird.
Die Baumwollpflanze
Die ursprünglichen Baumwollarten sind mehrjährig Pflanzen, werden aber aus Produktivitätsgründen als einjährige Nutzpflanze angebaut. Nach der vollständigen Ernte finden die Pflanzenreste in der Regel als Gründünger für die kurz darauf folgende Aussaat Verwendung. Die Früchte der Pflanze enthalten die Samen, an denen wiederum die flauschigen Haare zu finden sind. Diese werden in der kapselartigen Frucht gebildet. Mit zunehmender Reife platzt die Kapsel der Frucht und die Samenhaare quellen heraus. Die meisten Wildarten der Baumwolle haben nur relativ kurze Fasern. Erst durch Züchtungen entwickelten die domestizierten Nutzbaumwollarten lange Fasern von einer Länge bis zu 4cm.
Zwischen der Baumwollaussaat und Ernte liegen in der Regel bis zu 8 Monate. In den ersten drei Monaten bis zum Blütenwachstum ist die Pflanze auf relativ viel Wasser angewiesen. Baumwollpflanzen bevorzugen zum Wachsen sogenannte Vertisole, also schwere Böden mit hohem Ton- oder Lehmgehalt der wechselfeuchten Tropen und Subtropen. Diese sind schwer wasserdurchlässig. Zwar ist die Feuchtigkeitsaufnahme dieser Böden relativ gering, allerdings wird diese gut gespeichert. In der folgenden Reifezeit benötigt Baumwolle warmes und trockenes Klima, da sich sonst die Qualität der Fasern verschlechtern würde. Somit ist Baumwolle nur in wechselfeuchten Tropen und Mittelmeerregion kultivierbar.
Geerntet wird die Baumwolle auf größeren Flächen maschinell und durch die unregelmäßige Reifung in mehreren Erntezyklen. Da die speziellen Erntemaschinen aber nicht nur die Fasern, sondern auch Pflanzenreste ernten, wirkt sich die mechanisierte Ernte negativ auf die Qualität der Baumwolle aus. Handgepflückte Baumwolle gilt daher als qualitativ hochwertiger.
Baumwollpflanze: Mehr als nur Kleidung
Grundlegend ist die Verwendung der Baumwollpflanze enorm vielseitig. Die Fasern der Baumwollpflanze werden zu Fäden gesponnen und dienen so als natürlicher Basisrohstoff der Textilindustrie. Über 30 Prozent der globalen Textilfaserproduktion (gemeint Naturfasern und Chemiefasern) ist auf Baumwolle zurückzuführen. Neben Kleidung werden mit Baumwolle auch Bettwäsche, Vorhänge oder Kerzendochte hergestellt. Aber auch in der Hygiene und Kosmetikproduktion spielt Baumwolle eine wichtige Rolle. Während die Faser aufgrund der Kochfestigkeit auch für medizinisches Verbandsmaterial benötigt wird, kann der Faserwachs als Schmiermittel in diversen Kosmetikprodukten wie Seife und Cremes eingesetzt werden. Weiterhin werden aus Baumwolle – zumeist in Kombination mit anderen Textilfasern – Fischernetze, Seile und Taue hergestellt. Aus den kürzeren Haaren – die sogenannten Linter – lässt sich durch den hohen Zellulosegehalt bestimmtes, reißfestes Papier herstellen. Neben Kaffeefiltern basieren beispielsweise auch die Eurobanknoten auf Baumwollfasern.
Letztendlich sind Baumwollfasern auch sehr dehnfähig, weshalb sie gerne mit anderen Stoffen kombiniert werden.
Aus den Samen der Baumwollpflanze kann weiterhin hochwertiges Öl gepresst werden. Da in den Samen aber zu 1,5 Prozent das leicht giftige Gossypol enthalten ist, muss das Öl vor dem Verzehr raffiniert werden. Letztendlich lassen sich im Samenöl aber zumeist noch Pestizidrückstände durch den Baumwollanbau nachweisen, weshalb das Öl selten genießbar ist. Neben dem Öl gelten die Samen als sehr eiweißhaltig. Obwohl es in einigen Baumwollanbaugebieten an eiweißhaltiger Nahrung mangelt, werden die Samenrückstände meist an ausgewachsene Wiederkäuer verfüttert, da auch in den Samenrücksten für den Menschen giftiges Gossypol enthalten ist. Somit ist Baumwolle kulturhistorisch kein bedeutendes Nahrungsmittel.
Abschließend lässt sich aus der Baumwollzellulose, Zellulosenitrat herstellen welches wiederum umgangssprachlich als Schießbaumwolle bezeichnet wird. Diese sogenannte Schießbaumwolle, welche Mitte des 19.Jahrhunderts entdeckt wurde, findet in Bergbausprengstoffen oder der raucharmen Pyrotechnik seine Anwendung.
Ein Notwendiges Übel?
Dem Baumwollanbau einher, gehen zahlreiche ökologische und soziale Probleme von globalem Ausmaß. Durch das relativ lange Wachstum liegen die Ernte und Aussaatzeiten in der Regel relativ dicht beieinander. Da Baumwolle heut zugleich meist großflächig als Monokultur angebaut wird, werden die Böden stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Folge ist, dass der monokulturelle Anbau von Baumwolle auf Dünger und Pestizide angewiesen ist, was ökologisch hoch problematisch ist. Durch den starken, konventionellen Einsatz von Mineraldüngern und Pestiziden stellt der Anbau von Baumwolle ein großes CO² Problem dar. Hinzu kommt, dass – je nach klimatischen und pedologischen Bedingungen – Baumwolle sehr viel Wasser verbraucht. Um beispielsweise die Baumwolle für ein T-Shirt zu produzieren, werden etwa 2000 Liter Wasser benötigt. Da Baumwolle aber in warmen Regionen wächst, muss etwa 75 Prozent des globalen Baumwollanbaus künstlich bewässert werden. So kann der Baumwollanbau mit immensen ökologischen Schäden ganzer Regionen nach sich ziehen. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Austrocknung des Aralsees in Kasachstan und Usbekistan.
Film: Cotton Dreams – INKOTA Netzwerk
Weiterhin werden durch die ökonomische Bedeutung von Baumwolle, heute aus Produktivitätsgründen vornehmlich gentechnisch veränderte Arten angebaut. Mithilfe von technischen Eingriffen konnten Baumwollarten so verändert werden, dass sie Gifte produzieren, die Fressfeinde tötet. Allerdings sind davon nicht nur Fressfeinde, sondern ganze Ökosysteme betroffen. Außerdem müssen weiter Insektizide eingesetzt werden, da nicht alle Schädlinge auf das Gift der gentechnisch veränderten Baumwollpflanze reagieren. Da diese Genbaumwolle auch auf plötzliche Witterungsveränderung wie plötzlich einsetzender Feuchtigkeit reagiert, kam es in den vergangenen Jahren zu globalen Ernteeinbrüchen. Auch zu Auswirkungen zu Langzeitveränderung der betroffenen Biosysteme ist bisher wenig bekannt.
Aus sozialer Sicht ist ein Großteil des globalen Baumwollanbaus problematisch, da die Arbeitsbedingungen in der Baumwollindustrie oftmals hoch problematisch sind. Als Alternative bieten sich dem Verbrauchen inzwischen Produkte aus Biobaumwolle und fairem Handel.
Text von Thomas Beutler
Weiterführende Infos:
Oeko und Fair – clever konsumieren
N24 – Wissenschaftler machen Baumwolle essbar
Video: