Aus Ferienzeiten bei meiner Uroma auf dem Land kenne ich den Duft von frisch abgernteten Feldern in der glühenden Sommerhitze, die Herausforderung auf einen Strohballen zu klettern und das piekende Gefühl auf Stroh zu spielen, aber wie das Korn vom Feld kommt, diese Anstrengung, habe ich Anfang August als Erntehelferin in den Nuglar Gärten auf dem Weltacker das erste Mal erlebt.
Roggen ernten oder was Wertschätzung von Lebensmitteln bedeutet
Bewusst wurde entschieden auf Maschinen bei der Ernte zu verzichten, was erklärt wurde mit Wörtern wie Kosten-Nutzen-Abwägung, Bodenqualität, Wertschätzung, Gemeinschaftsgefühl etc. Der Verstand kannte diese Argumente, aber die Arbeit überzeugte auch Körper und Gefühl.
Beim Umgang mit der Sense spürte ich den Flow verursacht von gleichmässiger Bewegung. Aber auch die Anstrengung dieser ungewohnten Bewegung. Ich verstand, den Wunsch der Menschen, diese anstrengende Arbeit Maschinen zu überlassen. Aber woher kommt dann das befriedigende Körpergefühl gleichmässiger Bewegung?
Roggenhalme aufzuheben ging in den Rücken, aber wir redeten über unsere sonstigen Leben als Biologen, Werbeassistenten, Tontechniker, über unsere Motivation bei der Ernte zu helfen und über die Wespenspinne, die auf dem Feld lebte. Die Begegnungen mit jung und alt, mit Dorf- und Stadtbewohnern hätte ich sonst nie gehabt. Wie einsam muss sich ein Traktorfahrer fühlen?
Nach der Mittagspause das Korn aus den Ähren zu schlagen, kostete Kraft. Doch die Musik war gut, die Stimmung untereinander auch und der Strohberg wurde schnell kleiner. Wie könnte solch eine Erfahrung mit Maschinenlärm des Mähdreschers entstehen?
Und am Ende noch das Korn von kleinen Unreinheiten mit dem Sieb befreien, kostete Überwindung. Aber mich hinsetzen zu können, endlich! Die Sonne stand tief und das Korn des Feldes rann durch meine Hände in die Tonne. Ich dachte an die vielen Schritte, die noch nötig werden, um letztendlich Brote in der Hand zu halten. Und spürte, verstand wirklich, was die Wertschätzung von Lebensmitteln bedeutet. Wie könnte ich jemals Lebensmittel wegschmeissen?
Judith Block (Freiwillige Helferin auf dem Weltacker Schweiz)