Neu: Unser Weltacker-Tagebuch!
Auf dem Weltacker kümmern wir uns gerade um die sogenannte „Frühjahrsbestellung“, bei der die Bodenbearbeitung ein zentraler Bestandteil ist. In diesem ersten Eintrag in unserem Weltacker-Tagebuch wollen wir euch deshalb etwas über Bodenbearbeitung erzählen. Ich bin Julia, Landwirtin aus Brandenburg, ich lebe und arbeite auf unserem eigenen Betrieb in der Nähe von Müncheberg, aber begleite auch die Arbeit auf dem Weltacker. Ich freue mich drauf, euch in der kommenden Zeit, in der wir uns nicht treffen können, immer wieder Einblicke in unsere Arbeit geben zu können!
Der Boden ist wortwörtlich die Grundlage, auf der wir in der Landwirtschaft und beim Gärtnern arbeiten. Es gibt unglaublich viele unterschiedliche Böden: von Lehm, über Ton, Sand, Schluff bis Lös, moorig, steinig, fein, grob, klebrig, krümelig, fest … also in der Zusammensetzung je nach Ort und Lage komplett unterschiedlich. Darauf müssen wir uns immer einstellen – wir können nicht auf allen Böden auf die gleiche Art und Weise arbeiten.
Wenden oder mischen
Grundsätzlich ist die Bodenbearbeitung in drei unterschiedliche Kategorien aufgeteilt: Grundbodenbearbeitung wendend oder mischend, sowie die „feinere“ Bodenbearbeitung zur Saatbettbereitung. Wendende Bodenbearbeitung ist zum Beispiel das, was ich mit dem Pflug mache. Das Pflugschaar wird mit viel Kraftaufwand durch den Boden gezogen, greift unter die Bodenschicht und dreht sie auf der Stelle um. Dabei wird die obere Bodenschicht mit allen Pflanzenresten nach unten gedreht. Die Pflanzenreste sollen dann in der Tiefe verrotten und als organische Substanz im Boden verbleiben. Eine vergleichbare Arbeit im Garten ist das Umgraben mit dem Spaten.
Eine mischende Bodenbearbeitung wird zum Beispiel mit dem sogenannten Grubber gemacht. Große Zinken, die manchmal wie Entenfüße aussehen, oder wie riesige gebogene spitze Löffel greifen unter und in den Boden und werfen und mischen ihn auf. Dabei kann es sein, dass Pflanzenreste noch oben rausgucken. Der Boden ist ja vor allem gemischt worden! Das könnt ihr im Garten mit einer festen Handhacke erreichen.
Auf dem Weltacker ist vor einigen Tagen die Fräse zum Einsatz gekommen. Die Fräse kann zwei Sachen gleichzeitig: sie mischt den Boden ganz stark und zerhackt mit scharfen Klingen gleichzeitig alle vorhandenen Pflanzenreste. Die Flächen sehen richtig toll aus und können dann leicht bearbeitet werden. Sie braucht dafür aber auch viel Energie, also wertvollen Sprit. Und: Wenn ihr Probleme mit Wurzelunkräutern wie der Quecke habt, vermehrt sie diese sogar, weil sie sie in tausend kleinen vermehrungsfähigen Stücken im Boden verteilt.
Saatbett bereiten
Bei der Saatbettbereitung wird versucht, ein feines sauberes Saatbett für die Samen zu schaffen. Oft folgt dieser Schritt nach der Grundbodenbearbeitung. Dafür ist es notwendig, dafür zu sorgen, dass der Unterboden wieder einigermaßen „rückverfestigt“ wurde. In der Landwirtschaft fahren wir dafür oft mit einer riesigen Walze über die Felder. Das ist wichtig, denn wenn die Saat in einen durch Pflügen oder Grubbern tief gelockerten Boden fällt, kommen die Samen nicht auf einen gleichmäßigen Saathorizont. Sie liegen auf unterschiedlichsten Höhen und Tiefen im Boden verteilt und werden ganz ungleichmäßig an der Oberfläche als Pflänzchen erscheinen. Manche können zu tief fallen und werden es womöglich nie an die Oberfläche schaffen. Ein Saathorizont bedeutet auch, dass die klitzekleinen Keimlinge „Bodenschluss“ haben. Nur durch den Kontakt zu diesem Untergrund können sie ihre ersten Wurzeln daran befestigen. Liegen sie in zu lockerem Boden mit viel Zwischenraum ist da viel Luft dabei, und sie würden womöglich kaum gekeimt schon wieder vertrocknen. Ein einmal gekeimtes Saatkorn kann nie wieder keimen und so würde mangroße Lücken im gesäten Bestand riskieren.
Über dem Saathorizont ist es gut, ein lockeres, krümeliges und sauberes Saatbett zu haben. Das bedeutet möglichst keine Erdbrocken die den kleinen Pflanzen den Weg nach oben versperren und ebenso keine dicken Batzen alter Pflanzenreste. Diese Schicht soll so tief sein, wie die nötige Ablagetiefe der jeweiligen Pflanzenart für ihre Samen benötigen. Bei Getreide sind das meist 1-3 cm, bei manchen Bohnen können das auch mal 5 cm sein. Bevor ihr sät, schaut also immer beim Saatgut nach, wie tief es in den Boden soll.
Zurück zur eigentlichen Bodenbearbeitung: Wir haben also den Boden rückverfestigt – wir Landwirt*innen mit der Walze, Gärtner*innen vielleicht durch vorsichtiges „Trampeln“ mit den Füßen. Danach wollen wir die Schicht über dem Saathorizont wieder lockern und Krümeln. In der Landwirtschaft benutzen wir dafür eventuell eine Egge oder einen Striegel. Im Garten kann es eine einfache Harke sein.
Nach der Saat wird der Bodenschluss für das Saatgut noch einmal hergestellt. Wir fahren noch mal mit der Walze über die Flächen. Im Garten wird die Saatreihe eventuell vorsichtig mit den Händen angedrückt.
Weniger ist besser
Das sind einige Grundlagen und auch nur wenige Beispiele von unzähligen Maschinen und Möglichkeiten, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Genauso unterschiedlich wie die Böden sind, sind auch die Theorien, welche die beste und für den Boden gesündeste Bodenbearbeitung ist. Auch gelernte und studierte Landwirt*innen sind sich darüber nicht einig, und auch wir sind nie fertig damit, in diesem Bereich dazu zu lernen.
Klar ist jedoch: Je intensiver die Bodenbearbeitung ist, desto mehr wird das natürliche Gleichgewicht im Organismus Boden womöglich gestört und desto mehr gehen auch die wertvollen Stoffe im Boden verloren. Durch intensive Bodenbearbeitung verliert der Planet Erde jeden Tag viele Hektar wertvolles Land, weil sie auswaschen, in den Wind geblasen werden und degradieren. Wir müssen also bei der Bearbeitung der Böden bei jedem Schritt abwägen, ob er notwendig ist.
Auch in Sachen Klimawandel ist dieser Punkt unglaublich wichtig: Nackt und offen liegende Flächen waschen Stickstoff in die Gewässer aus und lassen CO2 in die Atmosphäre entweichen.
Es gibt immer mehr neue Entwicklungen in der sogenannten „regenerativen Landwirtschaft“. So wird zum Beispiel mit „Schlitzverfahren“ in bestehende Flächenbedeckungen (wie etwa Kleesaat oder auch die Stoppeln der vorherigen Getreidekultur) die nächste Kultur eingesät wird. Damit wird eine intensive Bodenbearbeitung vermieden – das ist gut und schonend für den Boden und mit einem sehr viel geringeren Verbrauch von Diesel verbunden, denn jede intensive Bodenbearbeitung braucht viel Zugkraft. Wenn jedoch viele Unkräuter auf der Fläche sind, kommen wir um die mechanische Bearbeitung nicht herum. Würden wir in diese Fläche einfach unsere Kultur „einschlitzen“ hätte sie keine Chance, sich gegen die schon vorhandenen Pflanzen durchzusetzen und zu wachsen. Diese schonenden Verfahren sind ganz toll, müssen aber über Jahre an einem Standort und mit viel Fachwissen etabliert werden. Dafür brauchen wir in der Landwirtschaft auch unbedingt die Unterstützung durch Forschung für die entsprechende Technik und Ausbildungen für uns Landwirt*innen, die uns auf den Weg zur regenerativen Landwirtschaft begleiten.
An diesem Punkt wird das Thema Bodenbearbeitung also auch politisch. Hier brauchen wir auch die Unterstützung von euch allen, damit wir in all diesen Fragen hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft kommen!