Das Gemeinschaftsprojekt „Frieda Süd“ in der südlichen Friedrichstadt gleich neben der taz ist ein Zusammenschluss verschiedener Projekte, koordiniert von der „Bauhütte Kreuzberg”. Hier haben wir als Ableger des großen Bruders in Pankow einen Mini-Weltacker eingerichtet, der sich hervorragend als Lernort für Schulklassen und Berlin-Besucher*innen eignet.
In der Baulücke zwischen dem taz-Redaktionsgebäude und einem Wohnhaus entstand ab April vergangenen Jahres die „Frieda Süd“. Ausgangspunkt war die Idee der Architektin Hendrikje Herzberg. Sie wünschte sich einen Ort des Dialoges zwischen Anwohner*innen, Politik und Verwaltung. Nach einer Absprache mit den beteiligten Baugruppen und der Bezirksverwaltung wurde die Vorstellung des künftigen Gemeinschaftsprojektes konkreter. Man wollte einen Begegnungsort schaffen, um einen sanfteren Übergang von der Brache zu einem neuen Bauobjekt schaffen. Die Vision war es, die NachbarInnen in den Bau- und Umwandlungsprozess in ihrem Kiez einzubeziehen. Das Mittel dazu war das Errichten einer „Bauhütte“ und dem Angebot möglichst vielen Menschen und Initiativen die Fläche zur temporären Nutzung zugänglich zu machen.
Bereits im ersten Jahr schlossen sich eine Vielzahl von Initiativen dem Projekt an. Die Baulücke wurde zu einem Nachbarschaftsgarten und ein Gemeinschaftsprojekt. Viele Menschen packten an. Es entstanden Hochbeete verschiedener Garteninitiativen, das Café Grundeinkommen zog samt Tiny House ein, ein Lehmbackofen wurde errichet, sowie eine Komposttoilette und eine Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt.
Die meisten Beete werden von NachbarInnen bepflanzt und gepflegt. Im Vergleich zu letztem Jahr ist die Zahl der BesucherInnen, wie auch die der Hochbeete rasant gestiegen. Leute aus dem Kiez und von weiter weg entdecken das Projekt für sich. Ständig werden neue Hochbeete zusammengezimmert und bepflanzt. Das 2000m²-Projekt war von Anfang an mit dabei und machte die „Frieda Süd“ im Handumdrehen zu einem Lernort und Ableger des „Weltackers“.
Betritt man die „Frieda Süd“ durch ein hölzernes Tor, so erblickt man auf der linken Seite den Lernort „Weltacker“. Lässt man den Blick wandern, entdeckt man das Flächenbuffet, einen Bienenlehrpfad, eine Wurmkiste und ein Wurzelfenster. Mitte Mai dieses Jahres wurden die Hochbeete bepflanzt und eingesät. Aktuell stehen fünf Hochbeete als Flächenbuffet auf dem Gelände. Sie zeigen, welche Pflanzen auf welcher Fläche wachsen müssen, um eine Portion Spaghetti Bolognese, einen Teller Linseneintopf oder eine Schüssel Salat auf den Teller zu bringen. Auf dem Fasern-Beet wachsen Färbertagetes, Baumwolle und Lein. Ein weiteres Beet prahlt mit exotischen Kulturen. Hier wachsen Melone und Erdnüsse neben Chia und Kichererbsen.
Gleich zu Beginn wurde ein Blühstreifen angelegt. Somit haben alle Bienen, die sich in die Friedrichstraße verirren, Glück. Sie können sich hier in den Blüten zahlreicher Wildblumen tummeln. Aber auch Regenwürmer kommen auf ihre Kosten. In der Wurmkiste, in der Mitte des Gartens, leben Würmer und kompostieren die Abfälle, die bei der Gartenarbeit und beim gemeinsamen Essen anfallen. Regelmäßig werden auf dem Gelände gerettete Lebensmittel weiterverteilt und bei einer „KüfA“ („Küche für alle“) gemeinsam gekocht und gegessen.
Im großen Wurzelfenster sieht man neben den weitverzweigten Wurzeln der Klimatomate Insekten und Würmer krabbeln und kriechen. Das Lernangebot steht für sich. Jeder kann zu einer beliebigen Zeit vorbeikommen und sich zu den Themen „Landwirtschaft“ und „Ernährung“ informieren. Zusätzlich bieten wir vielfältige Workshops und Führungen an. Wir sprechen über die Nutzung der Ackerflächen und über die Ernährung der Weltbevölkerung. Nach kurzer Zwangspause, aufgrund der Pandemie, besteht jetzt wieder die Möglichkeit, am „After Work Gardening“ teilzunehmen. Jeden Freitag kann man hier gärtnern.
In einem kleinen Gewächshaus konnten bisher Pflanzen vorgezogen werden oder Schutz suchen vor den Temperaturen an den „Eisheiligen“. Ein Solar-Dörrschrank steht allen zur Verfügung.
Seit Kurzem testeten wir „Ollas“, ein Selbstbewässerungssystem aus Tontöpfen. Mit dessen Hilfe sollen sich die Pflanzen im heißen Sommer selbst mit Wasser versorgen.
Neben dem vielen sichtbaren, materiellen Dingen, die rund um die „Bauhütte“ entstanden sind, gibt es auch Unsichtbares. Die Lernprogramme und Führungen, die Bekannt- und Freundschaften, die hier entstanden sind, und all die guten Ideen und Projekte, die hier einen Platz gefunden haben.
Wir, als Projektgruppe des 2000-Quadratermeter-Projekts, wie auch alle anderen am Gemeinschaftsprojekt Beteiligten, haben uns mit der „Frieda Süd“ als Gemeinschaftsgarten und Nachbarschaftstreff angefreundet. Man möchte sich nicht vorstellen, wie lang die Gesichter sein werden, wenn all das für einen Neubau geräumt wird. Bis jetzt steht noch kein Termin für den Baustart und es ist noch kein konkreter Bebauungsplan bekannt. Es besteht also weiterhin die Hoffnung, dass die „Frieda Süd“ als kleines, grünes Wunder an der grauen Friedrichstraße noch eine Weile weiterbestehen darf.