Die Hirse findet sich heute wieder in den meisten Supermarktregalen und auch in vielen Küchenschränken. Doch was ist die Hirse eigentlich genau und wie unterscheidet sie sich von anderen Getreidearten?
Hirse ist eine Sammelbezeichnung für kleinfrüchtiges Spelzgetreide. Sie gehören zur Familie der Süßgräser (Poaceae). Alle Hirsearten werden abhängig von ihrer Beschaffenheit der Körner in zwei Hauptgruppen eingeordnet: Zum einen die Sorghumhirsen (Sorghum) mit deutlich größeren Körnern und zum anderen die Millethirsen, welche auch echte Hirse oder kleine Hirse genannt wird. Die Körner dieser Gattungen sind, wie der Name schon verrät, eher klein. Die Millethirsen kommen aus vielen verschiedenen Gattungen wie beispielsweise der Rispenhirse (Panicum), Kolbenhirse (Setaria), Perlhirse (Pennisetum), Fingerhirse (Eleusine) und dem Teff (Eragrostis).
Die Halme der Hirse werden meist zwischen 80 und 120 cm lang und sind durch Knoten in einzelne Abschnitte geteilt. Die Blätter der Pflanze sind lang, schmal und lanzettförmig. Der Blütenstand der Hirse ist eine Rispe, daran befinden sich die Ährchen. Diese umschließen als Spelze zuerst die Blüten und später die fast kugelrunden Hirsesamen. Abhängig von der Sorte kann die Spelze hellbraun, braunrot oder fast schwarz sein.
Woher kommt die Hirse?
Das Gebiet mit der nachweislich ältesten Hirsekultivierung ist der Norden und Nordosten Chinas. Bei archäologischen Ausgrabungen fanden sich Körner von Rispenhirse und Kolbenhirse, die auf 7000 – 8000 Jahre v. Chr. datiert wurden. Rispenhirse und Kolbenhirse waren in der frühen Phase der nördlichen chinesischen Zivilisation die alleinigen Nutzgetreidearten, weswegen die in dieser Zeit praktizierte Landwirtschaftsform auch Hirsetyp-Landwirtschaft genannt wird. Um 5000 v. Chr. kam die Hirse schließlich auch nach Korea, Japan, in die Mongolei und in den russischen Fernen Osten.
In Deutschland kommen die ältesten Funde von Rispenhirse aus der Nähe von Leipzig und stammen aus der Zeit um 5500–4900 v. Chr. Im Altertum und Mittelalter zählten die verschiedenen Hirsearten zum meistangebauten Getreide. Durch Ausgrabungen in Mittel- und Norddeutschland ist ebenso der Hirseanbau in der vorrömischen Eisenzeit sowie der römischen Zeit (1.–3. Jahrhundert n. Chr.) nachgewiesen worden. Damals diente das Getreide vor allem dazu, ungesäuertes Fladenbrot zu backen.
Auch noch zu Großmutters Zeiten war die Hirse ein wichtiges und beliebtes Nahrungsmittel. Damals nannte man sie “Brot des armen Mannes” und schätzte sie zudem als Symbol der Fruchtbarkeit. Zu Hochzeiten und zum Jahresanfang gab es als Glücksbringer deswegen traditionell Hirsebrei. Jedoch wurde die Hirse nach und nach durch die Einfuhr von Kartoffel und Mais in Europa beinahe vollständig verdrängt.
Wie wird die Hirse heute noch genutzt?
Die wirtschaftlich bedeuteten Hirsen sind die Perlhirse, die Fingerhirse, die Rispenhirse, die Kolbenhirse und der Teff, auch Zwerghirse genannt.
Laut FAO wurde im Jahr 2018 insgesamt etwa 90 Mio. t Hirse weltweit produziert. Davon fallen jedoch nur 31,0 Mio. t auf die Millethirsen zurück, denn der Hektarertrag ist mit 9,2 dt/ha deutlich geringer als der von Sorghum (14,0 dt/ha). Aber auch im Durchschnitt ist der Ertrag der beiden Hirsehauptgruppen (11,6 dt/ha) im Vergleich zu anderen Getreidearten sehr gering. Beispielsweise liegen die weltweiten Hektar-Erträge für Körnermais bei 57,5 dt/ha. Aus diesem Grund wird Mais in den traditionellen Hirseanbaugebieten immer beliebter. Jedoch besitzt Hirse den großen Vorteil, dass es auch bei sehr schlechter Witterung selten zu kompletten Ernteausfällen kommt.
Auch heute noch spielen die Millethirsen besonders in der Selbstversorgung im mittleren und östlichen Afrika, Indien und Teilen Chinas eine wichtige Rolle. In Indien wird beispielsweise die Kutki-Hirse kultiviert und die Körner werden anschließend gekocht als Brei gegessen oder zu Mehl verarbeitet. Das ca. 1,5–3 m hohe Guineagras aus dem tropischen Afrika ist ein wichtiges Futtergras. In den USA werden große Hoffnungen in die Rutenhirse als Lieferant von Cellulose-Ethanol gesetzt.
Fast 28 Millionen Hektar und somit 1,82% der globalen Anbaufläche sind heute noch mit Millethirse bepflanzt. Das entspricht 37 m² auf unserem Weltacker.
Hirse: ein wertvolles Nahrungsmittel
In Deutschland wird die Hirse heute hauptsächlich als Vogelfutter verwendet. Aber auch hierzulande erlebt die Hirse als Nahrungsmittel seit einigen Jahren ein Comeback. Man kann Hirse meist in ganzen Körnern, als Hirsemehl, Hirseflocken und Hirsegrieß kaufen. Auch optisch kann man die Inhaltsstoffe der jeweiligen Hirse erkennen. Jede Hirsesorte und -farbe enthält etwas andere Inhaltsstoffe. Gelbe Hirse ist besonders reich an Beta-Carotin und rot-braune Hirse an Antioxidantien. Glasig-weiße Hirse besitzt dagegen viel Eiweiß.
Hirse enthält jedoch auch den kritischen Stoff Phytinsäure. Diese bindet Mineralstoffe, die für den Körper dann nicht mehr verfügbar sind. Um diese Wirkung zu verringern, weicht man die Hirse vor dem Kochen am besten über Nacht in Wasser ein. Das Wasser wird ausgetauscht, bevor man die Hirse anschließend kocht. Der Stoff wird somit aus dem Getreide gelöst. Laut der Verbraucherzentrale muss man bei einer ausgewogenen Ernährung jedoch keinen Nährstoffmangel durch Phytinsäure befürchten.
Die Hirse ist leicht zu verdauen und somit für alle mit einem sensiblen Magen geeignet. Sie belasten den Magen und Darm so gut wie nicht. Ebenso macht die Schleimfreiheit der Hirse, sie zu einem guten Mahl bei einer Erkältung. Wer eine Glutenunverträglichkeit hat, dem ist die Hirse wahrscheinlich schon lange bekannt, denn das Getreide enthält kein Klebeeiweiß. Hirse wird meist geschält verkauft, genau wie Hafer und Gerste. Damit zählt Hirse nicht zu den Vollkornprodukten, hat aber viele Eigenschaften eines Vollkorngetreides. Denn die Nährstoffe sind (im Gegensatz zu anderen Getreidesorten) im gesamten Korn vorhanden. Das macht Hirse ähnlich gesund wie richtiges Vollkorngetreide. Nur Braunhirse ist ein echtes Vollkornprodukt, da die Körner mit der Schale zu Mehl verarbeitet werden.
Doch wie nachhaltig ist die Hirse?
Leider kommt die Hirse häufig aus dem fernen Ausland wie China oder den USA und wird zu uns nach Deutschland importiert. Das verursacht eine schlechte CO2-Bilanz und betrifft auch oft Bio-Hirse. Doch Hirse lässt sich auch in Deutschland anbauen und ein paar Betriebe tun dies bereits. Inzwischen gibt es erste Versuche, Hirse hierzulande wieder heimisch zu machen, etwa im Spreewald, einer traditionellen Anbauregion. In der ökologischen Landwirtschaft werden sogar häufig alte, einheimische Sorten angebaut, um die Artenvielfalt zu fördern. Hirse benötigt nicht viel Wasser und ist sehr widerstandsfähig. Das macht den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln überflüssig, weswegen sich die Hirse auch gut für den ökologischen Anbau eignet.