Mitte Juli habe ich mich mit Florian Bernardi von der Büchel Anstalt, welche Bioberatung für Landwirt*innen bei der Umstellung anbietet, in Liechtenstein getroffen. Florian arbeitet eng mit den Landwirt*innen und Gemeinden zusammen und hat bei den Liechtensteiner*innen schon viel im Bereich Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, der Ernährung und der Bildung bewirkt. Die enge Zusammenarbeit mit den Bauer*innen fand ich sehr faszinierend, da die verschiedenen Weltäcker mit ihren unterschiedlichen Bildungskonzepten nur durch dieses Engagement funktionieren können.
In Gamprin gibt es dieses Jahr einen Leguminosenacker mit Sojabohnen, Kichererbsen, Lupinen, schwarzen Bohnen und einem Blühstreifen. Der gleiche Bauer wird in der nächsten Saison, hinter der Freizeit- und Badeanstalt Gamprin, nahe der Grundschule einen Weltacker anlegen. Dadurch werden noch mehr Liechtensteiner Bürger*innen erreicht.
Für die Landwirt*innen ist die Vermarktung von kleinen Mengen schwierig, jedoch wird damit die Regionalität, die ein großes Thema in Vaduz ist, gefördert. So ist z. B. der Gastronom aus Gamprin an den Hülsenfrüchten vom Gampriner Acker interessiert.
Unser nächstes Ziel war das 12.000 m² Ernährungsfeld in Vaduz, welches unterhalb vom Schloss Vaduz liegt. Drei Menschen könnte das Feld ernähren, weil die Liechtensteiner*innen das Doppelte an zur Verfügung stehender Ackerfläche für pflanzliche und tierische Lebensmittel benötigen. Das ist viel zu viel. Allein schon beim Kalorienverbrauch könnte das Konsumverhalten geändert werden. Im Durchschnitt essen die Liechtensteiner*innen ein Drittel zu viel. Das und noch vieles mehr erfahren die Schüler*innen von Florian, wenn sie das Ernährungsfeld besuchen.
Momentan wird, initiativ durch die Gemeinde Vaduz, auf dem Ernährungsfeld Winterbraugerste für ein regionales Bier angebaut. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Gemeindeprojekten „Feldfreunde“ und „Lokal + fair“. Die Gemeinde Vaduz unterstützt das Ernährungsfeld finanziell und öffentlichkeitswirksam. Das ist eine große Hilfe für Florian Bernadi.
Wir trafen Janine Köpfli in Vaduz. Sie ist Kommunikationsbeauftragte von Vaduz. Bei einer erfrischenden Limo erzählt Janine über ihre Arbeit. Sie ist Verantwortliche für die Gestaltung des Rathausvorplatzes. Dazu gehören die Hochbeete, in welche in der kommenden Saison die Flächenbüffets angelegt werden, um die Vaduzer*innen zum nachhaltigen Flächengebrauch vorhandener Ressourcen anzuregen. Es war schön zu sehen, wie eng Gemeinde und Bildungsprojekte zusammenarbeiten.
Wir besuchten dann noch die Agrar hpz Anstalt, welche 23 geschützte Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigung seit 15 Jahren bietet. Von 2017 bis 2020 zeigten Anton Böckle von der Anstalt, zusammen mit seinem Team, die vier größten weltweiten Kulturen (neben Gemüse- und Kartoffelstreifen) auf 2000 m². Im letzten Jahr gab es verschiedene Ölpflanzen und in diesem Jahr werden auf einer großen Fläche 50 verschiedene Gemüsesorten angebaut.
Radfahrer*innen und Wandersleute können sich an dem Feld weiterhin an den Weltackerschildern über die 2000 m² erkundigen. In Balzac, der Acker liegt an einem Wanderweg, werden im zweiten Jahr Reis, Buchweizen, Phaselia und Soja angebaut. Im Flyer vom Gartenjahr am Bodensee 2022 ist der Vaduzer Weltacker mit seinem Ernährungsfeld erwähnt. Im Prospekt der Bodenseegärten 2022 wird nicht nur Vaduz, sondern auch der Maurener Weltacker mit seiner Biodiversität gezeigt, welche auch ein Thema von „Vaduz summt“ ist. Tolle Projekte, die sich alle mit der Arbeit der Liechtensteiner Weltäcker überschneiden und viele engagierte Menschen, die sich um eine zukunftsfähige Landwirtschaft und Ernährungssouveränität kümmern.
Einen Tag später stand der Besuch des Attiswiler Weltackers in der Schweiz auf dem Programm.
Als wir am Jurasüdfuss ankamen, haben wir uns ab Attiswil über eine Serpentinenstraße 1,5 Kilometer zum Bleuerhof hochgeschlängelt. Der erste Eindruck von hier oben, mit dem wunderschönen, weiten Blick in die Landschaft, war einfach nur faszinierend und unbeschreiblich schön. Herzlich empfangen wurden wir von Peter, dem Bauer und Gärtner des Bleuerhofs. Bei dem Genuss von gekühlter, selbstgemachter Limonade haben wir uns bei 30 Grad ein schattiges Plätzchen zum Kennenlernen gesucht. Zwei weitere gute Seelen, seine Frau Rosmarie und Andrea, sind kurze Zeit später dazu gestoßen.
Nach dem ersten fruchtbaren Austausch haben sich Rosmarie und Andrea viel Zeit genommen, um uns über den so wunderschön gelegenen und angelegten Weltacker zu führen. Uns wurde erklärt, dass der lehmige Ober- und Unterboden des Bleuerhofes als guter Wasserspeicher dient. Ursprünglich entstand dieser aus einer Seitenmoräne des Rhonegletschers, vermengt mit verschiedenen Gesteinen, einheimischen Kalk und Granit aus den Alpen. Bei der Führung vielen uns neben den Ähnlichkeiten einiger Weltäcker doch einige Besonderheiten auf.
Die Struktur und Erklärungen des sogenannten Bohnenturms haben uns neben dem Bohnentipi besonders gut gefallen. Beides wurde von den Atteswilern selbst entwickelt und gebaut. Eine weitere Installation fanden wir ebenfalls cool „aus dem Tisch auf den Tisch“ von dem Künstler Max Bottini – wirklich sehr kreativ. Die Installation „Tankstation“ verdeutlicht, dass in der Schweiz Pflanzen zuerst als Nahrungsmittel und dann als Futtermittel angebaut werden. Der Anbau für Agrokraftstoffe ist hier grundsätzlich verboten.
Nach der Führung haben wir alle nochmals Hand angelegt. Es wurde gewässert, der Reis mit der Radhacke bearbeitet und Roggen geerntet.
Der krönende Abschluss des tollen Tages war ein gemeinsames Essen mit allerlei Leckereien sowie selbst angebauten Köstlichkeiten. Lange saßen wir noch zusammen, bei guten Gesprächen und einem Schluck vom hauseigenen Wein.
Vielen lieben Dank an Rosmarie, Peter und Andrea!
In Zollikofen liegt der Berner Weltacker, eingebettet zwischen den Versuchsfeldern von der Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und der landwirtschaftlichen Berufsschule Inforama. Die Koordinatorin, Johanna, führte mich über den Weltacker, der wie in Berlin prozentual die weltweit größten Kulturen zeigt und genau wie in Attiswil, Pracht und Vielfalt an Bohnen. Trotzdem gibt es auch für mich noch viel Neues zu entdecken, ob die Sortenbeschriftung auf Löffeln, Holzunterstände für den Wiesel, damit dieser die Mäuse fern hält, eine schöne Permakulturecke von den HAFL-Studies, den Tagesacker und das Beweisstück Unterhose. Als Johanna den Slip ausbuddelte, ließ nur noch der Bund erahnen, dass es sich hierbei mal um eine Unterhose gehandelt hat. Die Bio-Baumwolle diente den gefräßigen Mikroorganismen im Boden als Nahrungsgrundlage. Man sah deutlich, dass der Braunerde-Boden reichhaltig für die Pflanzen ist. Alles wuchs in voller Pracht auf dem Acker.
Zuletzt hat mich noch der Tagesacker interessiert. Ein Schweizer braucht im Jahr für pflanzliche und tierische Lebensmittel 3000m². Ein großer Teil davon ist Importware, da Ackerland in der Schweiz sehr knapp bemessen ist. Deshalb ist auch der Anbau von Agrokraftstoffen nicht erlaubt. Der Tagesacker wurde von einer HAFL-Studentin erstellt. Dieser zeigt „Es ist genug für Alle da“. Auf 5 m² wächst Frühstück, Mittagessen und Abendbrot und sogar noch ein Snack.
Zum Abschluss stöberte ich noch in den Bildungsmaterialien, probierte mich am Saatgut-Tisch und verstand gut, dass regelmäßig viele Berner Schüler*innen, angehende Landwirt*innen von der HAFL und Inforama, aber auch interessierte Erwachsene diesen Lernort am Stadtrand von Bern aufsuchen. Herzlichen Dank an Johanna für den interessanten Ausflug.