Am Wochenende vom 26. zum 28. August fand der erste internationale Weltacker-Gipfel von Vertreter*innen der mittlerweile 16 Weltäcker statt. Ein herzlicher Austausch voller Ideen und Inspiration vor dem Hintergrund einer neuen Ernährungskrise und hoffentlich der Auftakt für eine fruchtbare Zukunft der Weltacker-Bewegung!
Ein Unternehmerpaar, zwei Bauern, Foodaktivistinnen, Entwicklungshelfer:innen, ein Schuldirektor, ein Biounternehmen, der Liechtensteiner Bauernverband, ein ehemaliger Lehrer und eine Professorin und ihre Student:innen an verschiedenen landwirtschaftlichen Fachhochschulen, Kleinbäuer*innen, die ihr eigenes Saatgut ziehen, ein Schrebergärtner, engagierte Eltern… die Weltäcker dieser Welt haben gänzlich verschiedene Mütter und Väter und Tausende von Freund*innen. Das war die erste Erkenntnis des Weltäckergipfels von Pankow. Unglaublich und ermutigend was für motivierte, kreative und engagierte Menschen hinter den Projekten stecken! “Ich habe das Gefühl, eine neue Art von Familie gefunden zu haben,” war eines der vielen positiven Schlussworte nach zwei intensiven Tagen.
Bildung bei Wind und Wetter
Nach Wochen der Trockenheit und Dürre brachten unsere Gäste als Geschenk für unsere Weltacker-Kulturen erstmal einen tollen Regen mit. Während unsere Pflanzen hocherfreut waren, trotzten wir dem Wetter, lauschten unserem Gärtner Ekke und anderen Bildungsexpert*innen bei der Ackertour.
Danach ging es dann doch ins Trockene: Im Gewächshaus führte uns Benny Haerlin durch die globale Weltacker-Geschichte. Unsere europäischen Besucher*innen gaben spannende Einblicke in ihre Projekte, per zoom kam auch der Weltacker Kenia dazu und über eine Abgesandte auch der in Shanghai.
Die Weltäcker in Zeiten der Ernährungskrise
Zum Abschluss des öffentlichen Abends wurde dann noch heiß diskutiert. Die Weltacker-Patin und ehemalige Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Renate Künast führte uns in die aktuelle Krisenlage und warnte vor den politischen Gefahren eines roll backs vor dem Hintergrund der globalen Ernährungskrise, verschärft durch den Krieg in der Ukraine. Dieses Jahr und das nächste werden richtungsweisende Jahre – wie stark ist der tatsächliche politische Wille zu nachhaltiger, klimafreundlicher und verantwortungsvoller Landwirtschaft? Wird die ökologische Landwirtschaft weiter und noch stärker vorangetrieben oder wird die Krise ausgenutzt, um industrielle Landwirtschaft zu fördern? Diese Fragen werden uns die nächsten Wochen, Monate und Jahre beschäftigen. Durch die horrenden Preissteigerungen kommt das Thema auch noch stärker bei jedem und jeder von uns an.
Die Weltacker-Bewegung muss sich in dieser Debatte klar positionieren, denn eine unserer zentralen Botschaften könnte politisch hinterfragt werden. Auch die aktuelle Krise ändert nämlich nichts daran, dass genug für alle da ist, ja, dass wir in Zeiten landwirtschaftlicher Überproduktion leben. Wir müssen also nicht mehr produzieren als aktuell! Die Preissteigerungen sind nicht Folge landwirtschafticher Verknappung, sondern von Spekulationen. Renate Künast rief dazu auf “schamlose Allianzen” zu schließen und gerade jetzt eine kräftige Stimme in der Ernährungsdebatte werden! Denn die nahe Zukunft birgt nicht nur Gefahren für die Ernährungswende, sondern auch neue Chancen. Der Weltacker-Jugendrat in Berlin wird dabei eine Rolle spielen. Schön wäre auch eine gemeinsame Stimme der Weltacker-Familie.
Auftrag verstanden – die Arbeit beginnt
Am Samstag und Sonntag wurde dann in zahlreichen, intensiven Workshops und Plena über zukünftige Aufgaben der Weltäcker diskutiert. Es ging ums Klima, den alten und den neuen Hunger in der Welt, um Bodenforschung und Artenvielfalt, um Abfall, den deutsch-kenianischen online-Austausch, unsere Flächenbuffets und den etwas in die Jahre gekommenen Onlinerechner mym2. Präsentiert wurde unser Global Bean Projekt mit 50 Partnern in 15 Ländern zur Förderung der Nutzung von Leguminosen in Gärten, Äckern und Küchen. Berichtet wurde auch über die Zusammenarbeit mit Einzelhandelsfilialen, die auf dem Weltacker ihre Mitarbeiter:innen schulen, die Pläne für die nächste Bundesgartenschau in Mannheim, das Ackerklavier in Überlingen, der Anbau der “planetary health diet” in Osnabrück, das Riesenschwein und Minischaf von Wien und die Bohnentürme von Attiswil. Mit rauchenden Köpfen verabschiedeten wir uns am Sonntag Nachmittag nach einem intensiven, ermutigenden Wochenende. Wir alle nehmen mit: Aus all den vereinzelt sprießenden Projekten kann eine richtig starke Bewegung werden – die ersten Wurzeln sind verknüpft!
Ein großes Danke von uns an alle helfenden, unterstützenden Hände! Ohne sie wäre all das nicht möglich.