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Biodiversität auf dem Acker und in der Stadt

Wusstet ihr, dass in Berlin mehr als 20.000 Tier- und Pflanzenarten zu finden sind? Auch von 234 in Deutschland gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten Brutvogelarten kommen zwei Drittel in Berlin vor. So eine Großstadt hat mehr Vielfalt zu bieten, als man denkt. Hier wollen wir einen Blick auf die Bedeutung der Biodiversität in urbanen und landwirtschaftlichen Räumen werfen und Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt in der Stadt erkunden.


Was versteht man unter Biodiversität?

Der Begriff Biodiversität meint in seiner traditionellen Bedeutung die Variation in der Anzahl der Arten. Nach der heutigen Auffassung ist damit nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Vielfalt an Ökosystemen und die genetische Vielfalt innerhalb verschiedener Arten gemeint.

Dreiklang biologischer Vielfalt

Vielfalt auf dem Acker

Lange war die Landwirtschaft ein Ort der Arten- und Biotopvielfalt, doch das hat sich gewandelt; nun ist sie einer der Haupttreiber der Biodiversitätskrise. Die heutigen Kulturlandschaften sind in vielerlei Hinsicht nicht mehr so biodiversitätsfreundlich wie früher. Der hohe Einsatz von Düngemitteln, maschineller Bewirtschaftung und Pestiziden als Schädlingsbekämpfung, sowie weitläufige Monokulturen schaden der biologischen Vielfalt auf dem Acker.

Um die Artenvielfalt in landwirtschaftlichen Räumen zu fördern, gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, strukturreiche Lebensräume zu schaffen, ohne die landwirtschaftliche Produktion zu gefährden.

Lerchenfenster sind ein Beispiel: Diese kleinen, unbewirtschafteten Flächen in Getreidefeldern bieten Bodenbrütern wie der Feldlerche Nistplätze. Auch Hecken spielen eine wichtige Rolle als Strukturelemente und Lebensräume für verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Sie fördern zudem die Vernetzung von Biotopen. Mehrjährige Acker- und Wildbrachen bieten Rückzugsorte, Schutz und Brutplätze für Wildtiere und Vögel. Ihr Blütenreichtum zieht viele Insekten an und fördert die Ansiedlung von Arten wie Fledermäusen. Blühstreifen auf dem Acker vernetzen Biotope und bieten ein vielfältiges Nahrungsangebot sowie Rückzugsorte für viele Tierarten.

Lerchenfenster © Alf Pille

Wie sieht das auf dem Berliner Weltacker aus? Auf unserem kleinen Acker sind natürlich weder Pestizide noch chemische Düngemittel zu finden. Entsprechend viele Bewohner lassen sich dort entdecken:

Grashüpfer mit Genmutation
Beerenwanze
Grasweichwanze

Städte als urbane hotspots der Biodiversität

Entgegen den Erwartungen weisen Städte eine hohe Artenvielfalt und -dichte auf, oft sogar mehr als intensiv genutzte Kulturlandschaften. Durch die Vielfalt der Standorte in der Stadt, die oft extreme und besondere ökologische Bedingungen auf kleinem Raum aufweisen, entsteht eine besondere Habitatstruktur. Viele Arten finden dort wichtige Ersatzlebensräume und ein nicht unwesentlicher Teil der urbanen Biodiversität besteht aus zugewanderten Arten, den sogenannten Neophyten. Diese und viele ubiquitäre Arten, die wenige Ansprüche an ihre Umgebung haben, prägen das Artenspektrum in Städten.

Warum ist Biodiversität so wichtig?

Vor allem bestäubende Insekten sind die Grundlage für eine artenreiche Stadtnatur, die wiederum einiges leistet. Ökologisch beispielsweise eine Anpassung an Klimawandel durch Beschattung, Regenrückhalt und Überflutungsraum bei Starkregen. Pflanzen haben zudem eine wichtige Filterfunktion, indem sie Staub- und Lärmemissionen reduzieren und durch den Prozess der Evapotranspiration zur Abkühlung beitragen. Dadurch verbessern sie das Mikroklima in städtischen Gebieten erheblich.

Was können Städte tun, um Biodiversität zu fördern?

Um die urbane Biodiversität zu unterstützen, ist grüne Infrastruktur das entscheidende Stichwort. Diese kann in verschiedenen Formen auftreten, darunter Parks und Grünanlagen, aber auch Dach- und Fassadengrünsysteme, Gemeinschaftsgärten und Blühstreifen.

Initiative „Mehr Bienen für Berlin – Berlin blüht auf

Dieses Pilotprojekt wertet seit 2018 öffentliche Grün- und Freiflächen für Wildbienen und andere Insektenarten auf.  Dafür wurden in allen zwölf Bezirken Blühwiesen mit verschiedenen Pflanzenarten, Staudengärten und Nisthabitate angelegt. Auf diesen Flächen konnten bereits 157 Wildbienenarten nachgewiesen werden, das sind 65 Prozent der in Berlin aktuell vorkommenden Arten.

Gartenwollbiene © Christoph Künast

Projekt Stadtgrün vom Museum für Naturkunde Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin

Seit 2017 läuft das Projekt Stadtgrün von dem Museum für Naturkunde zusammen mit der Humboldt Universität zu Berlin. Ursprünglich sollten 25 gebietseinheimische Pflanzenarten auf ihre Eignung für die Begrünung von Mittelstreifen getestet werden. Widerstandsfähige Blütenpflanzen wie Strand-Grasnelke, Ochsenzunge und Johanniskraut, sowie ihre Auswirkungen auf Insekten wollten die Forschenden an den Standorten Frankfurter Allee, Adlergestell und Heerstraße beobachten. Insektenforscher Dr. Frank Koch war es durch das Projekt möglich, rund 400 verschiedene Insektenarten aus sechs verschiedenen Ordnungen nachzuweisen, auch von der Liste gefährdeter Arten, darunter 2019 die verschollen geglaubte Heuschreckensandwespe. Diese hohe Artenvielfalt kann durch den Isolationseffekt auf den Mittelstreifen erklärt werden. Entscheidend ist auch, dass die Flächen nicht ständig gemäht werden.

Standort Frankfurter Allee © Blievernicht

Begrünung der renaturierten Flächen in der Friedenstraße in Friedrichshain

Seit September 2023 wird der Mittelstreifen der Friedenstraße in Friedrichshain renaturiert und umgestaltet. Der vorher vor allem durch unbefugtes Parken genutzte und dadurch verdichtete Boden wurde für die Speicherung von Wasser und Bepflanzung aufgewertet. Folgend wurden eine standortgerechte Saatgutmischung von Wildstauden gepflanzt und Wildbienennisthilfen errichtet. Informationsschilder und ein Weg machen den Streifen auch für Menschen interessant. Mit der Umgestaltung soll eine wichtige Biotopverbindung zwischen dem Volkspark Friedrichshain und den Friedhöfen an der Landsberger Allee geschaffen werden.

Mittelstreifen der Friedenstraße

Was kann man selbst tun?

Auch im privaten Umfeld lassen sich Flächen finden, die sich ökologisch aufwerten lassen. Zum Beispiel kann ein Balkon oder eine Stelle im Hinterhof mit möglichst heimischen Pflanzen ausgestattet werden. Außerdem lohnt es sich, in der Nachbarschaft nach Initiativen zu schauen, die gemeinsam Baumscheiben und ähnliche Flächen begrünen.


Die Förderung der Biodiversität ist sowohl in der Landwirtschaft als auch in städtischen Gebieten von entscheidender Bedeutung. Durch gezielte Maßnahmen können strukturreiche Lebensräume geschaffen und erhalten werden. Sowohl auf dem Acker als auch in der Stadt leisten Initiativen und Projekte einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt.

Die Quellen zu diesem Beitrag findet Ihr hier.