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Frankreich: 2000 m² in Quily

Im Süden der Bretagne beackert Daniel Testard einen 2000 m² großen Garten, der seine fünfköpfige Familie das ganze Jahr über ernährt. Zwischen dem 300-Seelendorf Quily und einem kleinen Wald, 30 km von der Küste entfernt, freut sich sein Acker an einem milden Klima und einer leichten, humusreichen Erde. Von alten Weizensorten bis zu seltenen Gemüsearten wachsen dort über 50 verschiedene Pflanzen.

Daniel hat erst aus Neugier, später aus Leidenschaft, mit der Gärtnerei angefangen. Er ist der Zweite von acht Geschwistern und sollte – wie es die Bauerntradition so will – das Land seinem älteren Bruder überlassen. Da er die Erde nicht bearbeiten durfte, lernte er Teig zu kneten und wurde Bäcker. Doch der schnelle Rhythmus der Brotindustrie hat ihm schnell missfallen. In den 1980 Jahren gründete er seine eigene biologische und handwerkliche (französisch: artisanale) Bäckerei, in der er seinen eigenen, natürlichen Sauerteig mit Meersalz und Regenwasser entwickelte. Das Brot wird im Holzofen gebacken.

Parallel dazu fing er an, im Garten zu experimentieren. Altes Saatgut, das er teilweise bei zufälligen Begegnungen bekam, sammelt er sorgfältig. Gesät wird im Rhythmus der Mondphasen, geackert wird ohne chemischen Dünger oder Pestizide. Um den Boden fruchtbar zu halten, benutzt Daniel seinen eigenen Kompost aus fermentierten Pflanzen oder Brennnesseljauche. Den ganzen Winter über ist der Boden mit Laub, Stroh oder Gründünger bedeckt. Im Frühling fegt er die Mulchdecke weg oder lässt sie für manche Pflanzen liegen, wie z. B. für Kürbisgewächse, Erdbeeren, Kohl… Manches Gemüse wie Karotten, Porree oder Rettich wird zusätzlich von einem Vlies geschützt… „Ich bearbeite den Boden sehr wenig, ich kratze ihn nur oberflächlich, da die Erde mit Gründünger vorbereitet wurde: nachdem die Keimlinge gewachsen sind, fahre ich mit dem Rechen darüber. Wenn man das mehrmals macht, spart man sich Herbizide“ erzählt Daniel. Für ihn ist eine harmonische Beziehung zwischen Erde, Himmel, Natur und Mensch das Wichtigste.

Fast alles, was sich in Europa anpflanzen lässt, wächst in Daniels Garten – und das quasi ohne saisonale Unterbrechung. Seine größte Herausforderung: das ganze Jahr Salat! Im Frühjahr fängt er mit Kopfsalat an, dann Batavia im Sommer, Feldsalat im Herbst und Chicorée im Winter.

Ein Vierteljahrhundert aufmerksamer Beobachtung hat Daniel gelehrt, welche Sorten sich am besten den Boden- und Klimabedingungen anpassen und gleichzeitig Schädlingen wie Wühlmäusen oder Raupen standhalten.

Ein Drittel der Brote, die Daniel backt, besteht aus alten Sorten. Er verwendet unter anderem viel Dinkel oder Roggen. Véronique Chable, Forscherin am nationalen Agrarforschungsinstitut, INRA, in Rennes, berichtet, dass gerade diese alten Sorten die Garanten echter Traditionsküche sind. Die alten Bauernsorten verkörpern Werte wie Koevoultion , Solidarität und Gemeinsamkeit. Alte Sorten wieder zu beleben, ist Teil einer Grundhaltung, die sich bemüht, möglichst alle Stufen der Produktion bis zum Verkauf transparent zu halten und dabei Geschmack und Terroir[i] zu verbinden.

2012 hat Daniel den Preis für den besten Öko-Garten im Departement gewonnen. Seitdem genießt dieser diskrete und etwas verträumte Bäcker – der absichtlich offline lebt – einen gewissen Bekanntheitsgrad. Er hat seinen Garten für Führungen und Schulungen geöffnet, damit interessierte Besucher von seiner Erfahrung mit biodynamischer Landwirtschaft und Permakultur profitieren können. Gern erklärt er, dass wir die Natur genauso pflegen sollten wie unseren Körper. “Schließlich essen wir ja bloß Erde, die von der Alchemie der Pflanzen sublimiert  wurde!“.

[i] Terroir (franz. terroir m. ‚Gegend‘, von lat. terra ‚Erde‘) ist ein ursprünglich aus dem Weinbau stammender Begriff, der sich in Frankreich und Italien für die ganze Landwirtschaft und Gastronomie durchgesetzt hat. Je nach Interpretation beschreibt Terroir die naturgegebenen Faktoren eines bestimmten Stückes Land, welche die Eigenschaften der dort angebauten Kulturpflanzen und den daraus resultierenden besonderen Geschmack beeinflussen. Sie sind das Ergebnis des Zusammenspiels zwischen der kulturprägenden Tätigkeit des Menschen und den Bedingungen der Natur wie (Mikro-)Klima, Geologie, Gelände, Bodenbeschaffenheit und Klima. Der Begriff beschreibt also den Charakter, die Eigenheit und den Wert eines bestimmten Gebietes und seineragrikulturellen Erzeugnisse.

Pflanze der Woche: Weizen

Wenn wir von Weizen sprechen, meinen wir eigentlich eine von vielen verschiedenen Spezies in der Gattung Triticum. Triticum gehört zu den Süßgräsern (Poaceae). Bedeutsam sind heute eigentlich nur noch fünf Weizenarten: der Weichweizen (Triticum aestivum), der mit diesem eng verwandte Dinkel (Triticum aestivum subsp. spelta), der …

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Vortrag von Daniel Testard

Die Fabrik des Wandels “für eine andere Blickrichtung” Nantes, 24. Mai 2018     Liebe Freundinnen und Freunde, Schwestern und Brüder einer selben Erde, einer Mutter-Erde, früher so geehrt und heute dermaßen verachtet, verleugnet. Ich möchte Euch von Fruchtbarkeit erzählen, und vor allem von Fruchtbarkeitsverlust… Die …

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Sommer 2017 in Quily, Bretagne

Daniel Testard aus Quily in der Bretagne hat uns in einem poetischen Brief seine Eindrücke des Sommers 2017 auf seinem 2000m²-Acker geschickt. Unser Projektleiter Benedikt Haerlin hatte ihn Ende August besucht und konnte uns danach bestätigen, wie schön Daniels 2000m² sind…     Die seelische Verfassung …

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