Sie war den größten Teil ihrer Geschichte ein Getränk der Elite: Schokolade. Während sie heute meist als Süßigkeit genossen wird, wurde Schokolade von den Maya und Azteken als schaumiges Getränk zubereitet. Auch Europa eroberte sie in flüssiger Form – bis die industrielle Revolution aufkam und eine englische Firma 1847 die erste Tafelschokolade herstellte. Doch von der Kakaofrucht bis zur fertigen Süßigkeit ist es ein langer Weg. Die Bohne muss zunächst einen langwierigen Reifeprozess durchlaufen; genau wie beim Kaffee entscheidet Röstung und Sorte über die Wertigkeit.
Kakaopflanze mit langer Tradition
Dabei fing es nach dem heutigen Stand der Forschung einmal ganz anders an: Die Kakaopflanze wird vermutlich bereits seit 1100 vor Christi von den Olmeken, im Tiefland der mexikanischen Golfküste, genutzt. Schriftliche Zeugnisse für die Produktion von Schokolade wurden bereits von den Maya (Blütezeit: 250 bis 900 nach Christus) hinterlassen.
1984 wurde bei Río Azul in Guatemala eine Maya-Grabstätte entdeckt. Sie war voller Gegenstände für den Verzehr von flüssiger Schokolade, darunter ein Topf mit Henkel und Schraubdeckel, der mit großen Hieroglyphen beschrieben war. Zwei dieser Schriftzeichen stellen das Wort “cacao” dar. Bei der Untersuchung des Topfes im Labor fanden sich darin außerdem Spuren von Koffein und Theobromin – beides Bestandteile von Kakao.
Wobei die Kakaobohne zunächst wenig interessant erschien. Vielmehr wurde das zuckerhaltige Fruchtfleisch zu einem alkoholischen Getränk vergoren. Seit dem 14. Jahrhundert werden die Bohnen zwar verwendet – aber nicht zur Herstellung köstlicher Naschereien. Sie dienten ebenso als Opfergabe wie als Zahlungsmittel. Später wurde daraus ein eher herber Gewürztrank zubereitet, der jedoch mit unserem Kakaogetränk nur wenig gemein hat – zu den Zutaten gehörten immerhin auch Cayennepfeffer und Salz. Zu echter Popularität verhalfen die Spanier dem Kakao erst im 16. Jahrhundert bei der Eroberung Mexikos. Innerhalb weniger Jahre wurden vor allem auch in Südamerika die Anbaugebiete ausgeweitet, um die Nachfrage nach der auch als „braunes Gold“ titulierten Kakaobohnen zu bedienen. Die Beliebtheit ist natürlich auf den Geschmack zurückzuführen, ansonsten weißt die Kakaobohne einen sehr hohen Fettgehalt auf. Ungesund sind sie deshalb trotzdem nicht: Enthalten sind die Botenstoffe Dopamin und Serotonin, die eine stimmungsaufhellende Wirkung haben. Außerdem in nennenswerten Mengen enthalten sind Magnesium, Kalium und Vitamin E. Besonders positiv: Nachgewiesenermaßen kann Kakao auch zu einer Senkung des Blutdrucks beitragen.
Kein Fall für den Vorgarten: Kakaopflanzen sind anspruchsvoll
Der Anbau der Kakaopflanze gelingt nur in ausreichend feuchter und warmer Umgebung. Ursprünglich vor allem im besonders fruchtbaren Amazonasgebiet beheimatet, befinden sich die Hauptanbaugebiete heute bis zu 20 Grad nördlicher und südlicher Breite. Anspruchslos ist der Kakao dabei nicht: Neben hoher Temperaturen benötigt die Pflanze auch ausreichend Schatten, um zu gedeihen. Um den Kakao auch beim Anbau auf einer Plantage ausreichend Schatten zur Verfügung zu stellen, wird in der Regel eine Mischbepflanzung mit Bananenstauden oder Kokospalmen gewählt.
Kurios: Die Bestäubung geschieht nicht nur durch Bienen, sondern durch eine spezielle Mückenart, die zudem noch recht selten ist. Der Ertrag einer Plantage hängt demnach auch erheblich von der Bestäubungsleistung der Mücken ab. Um die Ernte zu vereinfachen, werden die Kakaopflanzen auf eine maximale Höhe von sechs Metern zurechtgestutzt. Ohne diese Maßnahme würde sie durchaus 15 Meter groß werden. Immerhin kennt die Pflanze keine spezielle Erntezeit: Sie blüht ganzjährig und kann auch das gesamte Jahr über Früchte tragen.
Ernte mit der Machete
Kommt es zur Ernte, ist Fingerspitzengefühl gefragt: Die nahe am Stamm sitzenden Bohnen werden mit einer Machete abgeschlagen. Gleichzeitig darf aber die Rinde nicht beschädigt werden. Denn aufgrund des feuchtwarmen Klimas können Krankheitserreger sehr lange überleben und durch schadhafte Stellen in der Rinde eindringen. Nach der Ernte werden die Bohnen auf Bananenblättern ausgebreitet. Das Fruchtfleisch beginnt dabei zu gären und stoppt die Keimung der Bohnen, gleichzeitig werden Bitterstoffe abgebaut – der Kakao entwickelt während dieses etwa zehn Tage andauernden Prozesses sein Aroma. Danach muss eine Trocknung erfolgen, die traditionell ebenfalls in der Sonne geschieht. Der Einsatz von Trocknungsöfen ist durchaus möglich und üblich, birgt aber Risiken: Kommen die Bohnen mit Rauch in Verbindung, sind sie für die Schokoladenproduktion unbrauchbar.
Ist die Trocknung abgeschlossen, folgt das Rösten bei relativ niedrigen Temperaturen von 100 bis 140 Grad Celsius. Je nach Größe nimmt dieser Vorgang etwa 15 bis 20 Minuten in Anspruch. Weil die Bohnen unterschiedlich groß sind, werden sie zur Sicherstellung eines gleichmäßigen Ergebnisses häufig auch im Vorfeld zerkleinert und finden den Weg in den Ofen als Kakaokernbruch. Sollte dies nicht passiert sein, erfolgt jetzt das Schälen und Brechen, bevor der Kakao gemahlen wird.
Empfindlicher Edelkakao
Der Kakao kann in drei Grundsorten eingeteilt werden: Die edelste Bohne ist dabei zweifelsfrei der Criollo. Er zeichnet sich durch einen besonders geringen Gehalt an Säure sowie an Bitterstoffen aus. Zusammen mit der zweiten Sorte Edelkakao, dem Trinitario, beträgt der Anteil am Weltmarkt aber lediglich 5 Prozent, was durch die relativ hohe Anfälligkeit der Pflanze gegenüber Schädlingen zu erklären ist. Der Tinitario ist dabei ein wenig resistenter und überzeugt Kenner zudem durch ein sehr kräftiges Aroma. Die übrigen 95 Prozent Marktanteil entfallen aber den in Südamerika angebauten Forastero.
Der Forastero (“der Fremde”) bekam seinen Namen von den Einheimischen Südamerikas um ihn from eigenen Kakao, dem Criollo unterscheiden zu können. Der Forastero ist robust und viel ertragreicher als der Criollo, weshalb er aus seinem Ursprungsland Afrika eingeführt wurde. Die auch häufig als „Konsumkakao“ bezeichnet Sorte überzeugt vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Erträge sind höher als bei den Edelkakaos, zudem ist das Anbaurisiko geringer: Sowohl die Pflanze selbst, als auch die mit einer harten, widerstandfähigen Schale überzogene Frucht erweisen sich als vergleichsweise robuster. Sein Geschmack ist allerdings weniger intensiv und häufig auch säuerlich und bitter. Es fehlt ihm an Fülle und Vielfalt. Forastero Kakao eignet sich am besten zum Plantagenanbau. In Afrika wächst er hauptsächlich in Monokultur und wird von dort nach Europa exportiert um versetzt mit viel Zucker und Milchpulver, häufig als Supermarktschokolade verwendet zu werden.
Gerade dieser billegere Konsumkakao aus Westafrika, der 70% des Marktanteils ausmacht, birgt die größten Probleme in Sachen Kleinbauerarmut und Kinderarbeit. Nachdem Miki Mistrati mit seinen beiden Reportagen “Schmutzige Schokolade” (The dark side of chocolate) auf diese Missstände aufmerksam gemacht hatte, wurde die Kampagne “Make Chocolate Fair!” vom INKOTA Netzwerk gegründet.
Text von Amélie Dupuy-Callioux
Quellen:
Planet Wissen: Lebensmitel Schokolade
Schokolade bei den Olmeken in der Vorklassischen Periode
Kakao als Zahlungs- und Genussmittel
Mehr Informationen:
Südwind Studie: Alternative Geschäftsmodelle im Kakaosektor
Ackertalk Kakao: zweimal bittere Wahrheit
Millionen Kinder müssen auf Kakaoplantagen schuften, Spiegel online, August 2015
Bittere Zeiten für Kakaobauern, Greenpeace Magazin, Juli 2017
Kakao: Doch eher bitter! Thomas Beutler, 2000m²