Tomaten (Lat. Lycopersicon esculentum) sind nach Kartoffeln (Wurzelfrüchte) das wichtigste Gemüse weltweit. Ursprünglich aus den Anden stammend, verbreiteten sie sich über Italien und Spanien aus über ganz Europa. Heute gibt es eine Vielzahl an Sorten, allerdings erweckt manch eine Supermarkttomate den Eindruck, der Geschmack würde immer schlechter. Auch Bilder von Gewächshauswüsten aus Almería versetzen uns in Schrecken. Wie steht es um die Tomate?
„Tomatl“– Aztekischer Ursprung
Der aztekische Name „tomatle“ bedeutet „Schwellfrucht“. Sie gehört zur Pflanzenfamilien der Nachtschattengewächse, der Verzehr der Tomatenpflanze wie auch unreifer Tomaten kann also zu Vergiftungen bis hin zum Tod führen. Ursprünglich stammt die Tomate aus den peruanischen Anden. Die heute noch existenten Wildarten ähneln dabei unseren roten Kirschtomaten. Wilde Sorten sind heute eine wichtige Genreserve, auf die bei der Zucht resistenter Kultursorten zurückgegriffen wird. Kultiviert wurde die Tomate von den Indios in Süd- und Mittelamerika, so dass es vor der Entdeckung Amerikas bereits 200 Sorten gegen haben soll.
Um das Jahr 1500 brachte Christoph Kolumbus die Tomate nach Europa. Zuerst haben die Spanier und Italiener Tomate gegessen, und wohl nicht nur rote Früchte: das italienische Pomodore heißt „Goldapfel“, was auf gelbe oder weiße Sorten schließen lässt. Aber nicht überall wurde das neue Gemüse freundlich empfangen. In Frankreich etwa glaubte man, die Tomate sei ein Aphrodisiakum, das junge Mädchen in einen Liebeswahn stürzen würde. Ihnen war daher der Verzehr des Gemüses verboten. In Deutschland war die Tomate lange nur als Zierpflanze bekannt, im ersten Weltkrieg mauserte sie sich dann zum allgemeinen Nahrungsmittel mit einem Freilandanbau auf 2000 ha. Obwohl Verbraucher den Freilandanbau schätzen, hat er in Deutschland massiv an Bedeutung verloren.
Tomaten – ein Gesundheitswunder?
Mit einem Pro-Kopf-Verzehr von 26 kg ist die Tomate heute das beliebteste Gemüse der Deutschen. Und sie hat sogar viele gesundheitsfördernde Eigenschaften. Da sie zu 94% aus Wasser besteht, ist sie sehr kalorienarm, hingegen reich an Vitamin C, Provitamin A, E, Karotin und Kalium. Die in den enthaltenen Fruchtsäuren (p-Cumarin-, Chlorogensäure) und Farbstoffe wie Lykopin und Karotin können laut neueren Studien zusammen mit Vitamin C im menschlichen Organismus Nitrat abfangen und so die krebsauslösende Wirkung der Nitrosamine verhindern. So wurde nachgewiesen, dass ein hoher Tomatenkonsum das Risiko senkt, an Prostatakrebs zu erkranken oder im Alter zu erblinden. In vollreifen Tomaten ist auch der Stoff Tyramin enthalten, der wie das ebenfalls enthaltene Serotonin als ‚Glücklichmacher‘ und Stimmungsaufheller gilt. Wer allerdings an einer Histaminunverträglichkeit leidet, sollte auf Tomaten lieber verzichten.
Verschiedenste Sorten – verschiedenste Geschmäcker
Die Supermarkttomaten kommen oft wässrig und fade im Geschmack daher. Warum ist das so, wenn sich doch jeder und jede an saftige, zarte Geschmacksexplosionen aus dem Garten erinnert? Der Grund liegt bei den unterschiedlichen Interessen von Handel und Verbrauchern. Für den Handel sind dickhäutige, sehr festfleischige Tomaten am besten geeignet, da sie im Erntekorb auch unten liegen können und die zum Teil sehr langen Transportwege gut verkraften. Die alten Sorten kommen oft in ungewohnten Farben wie violett oder orange und außergewöhnlichen Formen daher und sind im Geschmack aber sehr vielseitig.
Im Supermarkt werden die Liebhabersorten nicht verkauft – die Züchter müssten erst jede Sorte beim Bundessortenamt anmelden. Das ist vielen kleinen Tomatenbauern zu teuer. Trotzdem gibt es heute im Tomatenregal mehr Vielfalt – zu den „Wasserbomben“ haben sich Rispen-, Romano- und Cocktailtomaten, manchmal auch in grün und gelb gesellt. Das spiegelt sich aber auch im Preis wieder: 2017 kosten Tomaten doppelt so viel wie 2010. Da bereits die Züchtung krankheitsresistenter, gleichmäßig reifender und lang haltbarer Tomaten gelungen ist, wäre auch eine Geschmacksverbesserung möglich. Die ist allerdings wirtschaftlich unrentabel, da die geschmackvolleren, oft süßeren Tomaten weniger Ertrag pro Pflanze liefern.
Ertrag um jeden Preis?
Hoher Ertrag ist heute gefragt – schließlich werden weltweit über 100 Millionen Tonnen Tomaten auf 3,7 Millionen Hektar angebaut. Hauptanbauländer sind China, Indien und Nigeria. In Europa hat sich Almeria mit einer Gesamtanbaufläche von 30.000 Hektar zum Gemüsegarten Europas entwickelt. Allein Deutschland importierte 2013 circa 180.000 Tonnen Tomaten im Wert von rund 250 Millionen Euro aus Spanien. Die Pflanzen brauchen allerdings viel Wasser, was dort knapp ist. Als Folge wird auf Grundwasserreservoirs zurückgegriffen, die in der Regel schon übernutzt sind und zur Versalzung der Felder beitragen, was wiederum den Ertrag mindert…
Und auch im außereuropäischen Ausland richtet die Tomate Schaden an: in Ghana, dem größten Tomatenproduzent der Region, ist der lokale Markt seit den 2000ern implodiert. Wirtschaftspartnerschaftsabkommen wie EPA erweisen sich hier als weniger fair als ihr Ruf. So wird der ghanaische Markt überschwemmt mit billigen Gütern wie italienischem Tomatenmark, von Ghana aus verarbeitete Produkte auf den europäischen Markt zu bekommen ist dagegen ungleich schwieriger. Dadurch mussten zahlreiche verarbeitende Unternehmen und mit ihnen die Produzenten schließen, was die Entwicklung des Landes massiv hemmt.
Text: Magdalena Mirwald
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Planet-Wissen: Tomaten (Video)
Quellen:
Die Zeit, Landwirtschaftskammer, NDR-Ratgeber, Apotheken-Umschau, FAO, WWF, Germanwatch, ZDF